Kann der Kapitalismus überleben, oder stösst er schon bald an seine Grenzen und reisst uns womöglich in den Abgrund? Die französische Psychoanalytikerin Sandrine Aumercier analysiert in einem neuen Buch den unzertrennlichen Zusammenhang zwischen Kapitalismus, Technik und (illusionärem) Fortschrittsglauben. Der Übersetzer Ernst Schmitter hat das Buch im bücherraum f vorgestellt.
Aumercier ist eine Vertreterin der so genannten Wertkritik. Diese basiert auf der marxistischen Arbeitswerttheorie, wonach nur die menschliche Arbeitskraft Wert und Mehrwert schafft. Da immer mehr Arbeit durch Maschinen ersetzt wird, geht dem Kapital die mehrwertschöpfende Arbeitskraft aus. Der unersättliche kapitale Drang stösst an Grenzen. Aumercier fügt den Aspekt des Energiehungers hinzu, der die Krise weiter verschärfe und einen (auch linken) Fortschrittsglauben, der auf Technik setzt, hinfällig mache.
Solche Thesen lösten eine kontroverse Debatte aus, die hier nach dem Vortrag nachzuhören ist. Den Abend leitete Brigitte Walz-Richter von der Studienbibliothek zur Geschichte der Arbeiterbewegung ein. Wenn während der Diskussion plötzlich ein Rauschen zu vernehmen ist, so ist das nicht der Aufnahmequalität geschuldet, sondern einem Platzregen, der, samt folgenden Donnerschlägen, plötzlich über Zürich herfiel.
Die beiden zur Diskussion stehenden Bücher:
Sandrine Aumercier: Die Energieschranke des Kapitals. Technikkritik als Kapitalismuskritik. Aus dem Französischen von Ernst Schmitter. edition 8, Zürich 2023.
Ernst Schmitter: Sackgasse Wirtschaft – Einführung in die Wertkritik. edition 8, Zürich 2021.