Feminismus und Utopie Ein Monat mit Christa Wolf

Kassandra. Oder Medea. Die Schriftstellerin Christa Wolf gab verkannten Frauen aus der griechischen Antike einen anderen Lebensentwurf und eine eindringliche Stimme. Dabei zielte das auf die Gegenwart; in vielfältigen weiteren Romanen erkundete sie die Situation von Frauen und die Sprache, in die sich deren Ringen um eine andere Identität fassen lässt.

Christa Wolf (1929-2011) war und ist eine der wichtigsten Autorinnen unserer Zeit. Die Pestalozzi-Bibliothek Oerlikon und der bücherraum f widmen der Autorin den Mai. Gemeinsam präsentieren wir eine von der Christa-Wolf-Gesellschaft gestaltete Wanderausstellung zu Leben und Werk, dazu werden verschiedene Veranstaltungen durchgeführt. Unter anderem diskutieren zeitgenössische Schriftstellerinnen, was Christa Wolf für sie bedeutet.

Die Ausstellung wird am Montag, den 6. Mai eröffnet und dauert bis zum 27. Mai. Sowohl in der Pestalozzi-Bibliothek Oerlikon gleich beim Gleis 1 des Bahnhofs wie auch jenseits der Gleise im bücherraum f werden verschiedene Lebensetappen und Themen präsentiert; die beiden Teile können unabhängig voneinander besucht und betrachtet werden.

In der Pestalozzi-Bibliothek ist die Ausstellung durchgehend während der normalen Öffnungszeiten zu besichtigen, siehe https://www.pbz.ch/location/pbz-oerlikon/. Der bücherraum f an der Jungstrasse 9 ist am Mittwoch von 14 bis 17 Uhr, am Donnerstag von 19.30 bis 21.30 Uhr und am Freitag von 14 bis 18 Uhr geöffnet.

Zur Vernissage des Christa-Wolf-Monats am Montagabend den 6. Mai in der Pestalozzi-Bibliothek spricht um 19 Uhr Katrin Wolf über den Feminismus ihrer Mutter Christa Wolf. Die lokale Buchhandlung Nievergelt präsentiert alle Wolf-Werke zum Verkauf.

Am Donnerstag, den 16. Mai diskutieren die Schriftstellerinnen Friederike Kretzen, Melinda Nadj Abonji und Jasmine Keller über das Werk von Christa Wolf und die Bedeutung, die dieses für ihr eigenes Schreiben hat. Diese Diskussion beginnt im bücherraum f an der Jungstrasse 9 um 19 Uhr.

Zum Abschluss referiert Karin Aleksander von der Christa-Wolf-Gesellschaft in Berlin am Montag, 27. Mai über das utopische Potential im Werk von Christa Wolf, wiederum im bücherraum f um 19 Uhr.

Der Eintritt zu allen drei Veranstaltungen ist frei. Es wird um frühzeitige Anmeldung gebeten an buch@buecherraumf.ch

   

Weitere Informationen zu den Veranstaltungen finden sich in unserem Veranstaltungskalender. Die Veranstaltungen werden vom Verein Frauenzentrum finanziell unterstützt. Besten Dank dafür.

 

 

 

Christa Wolf

1929 geboren, in Nazideutschland aufgewachsen, danach in Ostdeutschland lebend, rieb sich Christa Wolf zeitlebens an den Verhältnissen. Die DDR hatte einst eine bessere Zukunft versprochen, verendete aber bald in Dumpfheit und politischer Überwachung. Bereits Wolfs erster Roman «Der geteilte Himmel» (1965) riss eine neue Welt jenseits politischer Gräben auf, «Kindheitsmuster» (1976) erkundete die eigenen historischen Prägungen. In «Kein Ort. Nirgends» (1979) wurde anhand der romantischen Schriftstellerin Caroline von Günderrode die Möglichkeit einer Utopie skizziert. In den Werken «Kassandra» (1983) und «Medea» (1996) befreite Christa Wolf Mythen aus den patriarchalen Verhüllungen. Immer wieder rückte sie in ihren Romanen auch der eigenen Person nahe, ohne die Umstände, in denen sie lebte, zu vergessen. «Störfall» (1987) beschrieb die Verstörungen durch die AKW-Katastrophe in Tschernobyl, «Sommerstück» (1989) versammelte kurz vor dem Zusammenbruch der DDR eine Gesellschaft von Kolleginnen und Freunden auf dem Lande, «Leibhaftig» (2002) thematisierte die eigene Krebserkrankung. Jahrzehntelang wirkte Christa Wolf als Stimme einer DDR-internen Opposition gegen den herrschenden Überwachungsapparat der DDR. Dass sie um 1960 kurzzeitig selbst in diesen verstrickt gewesen war, führte bei Bekanntwerden zu einer heftigen öffentlichen Debatte; das Thema beschrieb sie selbst ausführlich im Sammelband «Auf dem Weg nach Tabou» (1994), und in «Ein Tag im Jahr. 1960-2000» (2003) reflektierte sie die eigene Entwicklung anhand von Aufzeichnungen zum immer gleichen Tag im Jahr durch vierzig Jahre hindurch.