Der Mann, der Lenin das Leben rettete (vielleicht)

Held oder Verbrecher – so einfach lassen sich die polaren Werturteile über Fritz Platten charakterisieren. Platten (1883-1942) war ein erfolgreicher Agitator in Zürich, beim Schweizer Generalstreik aktiv, danach Gefährte von Lenin, dem er einst das Leben gerettet haben soll. 1923 in die Sowjetunion übergesiedelt, scheiterte er dort aber als Kolchosenbauer; in der Stalinzeit wurde er verhaftet und 1942 erschossen.

Die Historikerin Rhea Rieben forscht seit einiger Zeit zu Fritz Platten und hat letztes Jahr eine entsprechende Ausstellung an der Uni Basel kuratiert.

Im bücherraum f stellte sie einige ihrer Resultate vor. Dabei geht es ihr weniger um das Leben von Platten, sondern um dessen Nachwirken als Symbol, als Hoffnung, Mahnzeichen oder zur Abschreckung. Während er von bürgerlicher Seite schon früh dämonisiert worden war, wurde sein späteres Schicksal von der einst von ihm mit gegründeten KPS und der PdA lange verschwiegen. Welche Denkmuster stecken dahinter, wie wirken sie noch heute?

Eingeleitet wird der Abend von Brigitte Walz-Richter von der organisierenden Studienbibliothek zur Geschichte der Arbeiterbewegung. In der anschliessenden Diskussion geht es um die Frage, ob sich HistorikerInnen zu den von ihnen untersuchten Personen wertend verhalten sollen, ob sich in Platten ein Typus der Arbeiterbewegung manifestiert, inwiefern er sowohl Täter wie Opfer war und wie weit seine moralische Verantwortlichkeit ging.

Der Podcast findet sich hier. Der Vortrag dauert bis 59′, danach folgt eine halbstündige Diskussion.